Bücher über Deutsch-Englische Kontraste und Schreiben im Englischen

In diesem Beitrag präsentiere ich einige Bücher, die für mein Verständnis vom Schreiben im Englischen sowie der Korrespondenzen und Nicht-Korrespondenzen zwischen ‘richtigen’ englischsprachigen und deutschsprachigen Versionen einer Story wichtig waren. So viele Leute kenne ich nicht, die sich dieser Materie auf diese Art angenähert haben, zumindest nicht unter Leuten mit naturwissenschaftlichem oder technischem Hintergrund, die sich mit der Produktion von technischen Texten beschäftigen.

Die Anfänge meiner Versuche, mich in diese Dinge einzulesen, lagen in einer der periodischen Flauten in meiner selbständigen Arbeit. Ich hatte Zweifel darüber, ob das, was ich tat, überhaupt Sinn machte. In der Zeit redete ich einmal mit meinem Bruder, der als Subeditor bei den Londoner Zeitungen langjährige Erfahrung hat. Er meinte, mein Problem wäre mein Perfektionismus. “Sometimes people just want crap, on time”, sagte er. Was war für mich die einzig mögliche Antwort auf so eine Anmerkung? Aber natürlich – nur eine Runde weiterer fachlicher Vertiefung!

Deutsch und Englisch sind als Sprachenpaar faszinierend, weil sie eine so nahe historische Verwandtschaft haben, dabei aber doch Unterschiede entwickelt haben, die sich auf allen Strukturebenen eines Textes auswirken: von der Syntax auf der Satzebene über die Informationsverteilung in und zwischen Sätzen bis hin zur Kohärenz auf Ebene der Absätze und des ganzen Textes. Und dann gibt es Fragen der Pragmatik wie, zum Beispiel, Explizitheit, Leser:in- versus Sachorientierung, oder die Angemessenheit von Expert:innensprache versus ‘einfacher’ Sprache. Alle diese Themen sind Studierenden sprachlicher Fächer vertraut. Die meisten Naturwissenschafter:innen oder Techniker:innen dürften aber mit ihnen wenig anfangen können; und doch verfügen sie über hochentwickelte fachbezogene Sprachkompetenzen, die auf all diesen Ebenen der Textqualität ihren Ausdruck haben und für den kommunikativen Erfolg relevant sind.

Diese Bücher sind für mich in meiner eigenen Übersetzungs- und Lektoratspraxis wichtig, weil sie mir zu einem viel bewussteren, zielorientierteren Umgang mit sprachlich-textlichen Manövern verholfen haben, die ich früher eher so instinktiv angewendet habe. Und sie sind für meine Arbeit als Lehrer und Coach fürs technische Schreiben, weil meiner Wahrnehmung nach deutschsprachige Autor:innen oft mit ihrem Schreiben auf einem gewissen Niveau stecken bleiben, und in einem Bewusstsein für diese Themen der Schlüssel zu einer Weiterentwickelung liegen würde.


Der Sprachinstinkt, von Steven Pinker
Steven Pinker und Richard Dawkins sind miteinander befreundet, soweit ich weiß. Was sie auch gemeinsam haben, ist, dass sie nicht meine uneingeschränkte Sympathie genießen – aber dafür haben sie, das muss ich ihnen lassen, jeweils ein Einführungsbuch zu ihren Fächern geschrieben, das in seiner Klarheit und Verständlichkeit unübertroffen ist. Dieses hier ist Dawkins’ „Das egoistische Gen“ mindestens ebenbürtig. Falls Sie ein halb so gutes Buch über Sprachwissenschaft für Anfänger:innen geschrieben haben, möchte ich von Ihnen hören! Ansonsten ist das hier das richtige für den Anfang. (Die deutsche Übersetzung kenne ich übrigens noch nicht und wäre sehr gespannt, wieviel vom Anschauungsmaterial im Deutschen reproduziert worden ist – dieselben oder äquivalente Punkte auf Deutsch mit deutschsprachigen Beispielen aufzubauen, wäre meines Erachtens keine triviale Aufgabe.)

A Student’s Introduction to English Grammar, by Rodney Huddleston & Geoffrey Pullum
Dies gehört als kleines Einführungsgbuch zum großen „Cambridge Grammar of the English Language“, von dem Huddleston und Pullum die leitenden Autoren sind. Prof. Huddleston kenne ich nicht, aber Geoffrey Pullum ist aus meiner Sicht ein solider Mensch. Einmal als ich aus anderen Gründen in Edinburgh war, habe ich zwei Exemplare dieses Buchs besorgt und ihn mit der Bitte, sie zu signieren, besucht, was er freundlicherweise auch tat. Für mich war dieses Buch als Einführung in die Konzepte und die Terminologie der modernen Grammatik notwendig, um die weiter unten aufgelisteten Bücher verstehen zu können. Allzuviel davon kann ich nicht auf einmal im Kopf behalten, aber das liegt nicht an den Autoren!

Englisch für Anglisten, von Christian Mair
Vor langer, langer Zeit, als ich in Dundee lebte, besuchte ich eine ehemalige Klassenkollegin in Glasgow und ging mit ihr dort auf ein Fest. Eine Frau trug dabei ein Gedicht von Tom Leonard in perfektem Glasgowdialekt vor. (Ich glaube, es war vielleicht A Scream). Jetzt ist sowas in Glasgow vielleicht nicht sehr überraschend, denken Sie, aber es handelte sich bei der Frau um eine Studentin aus Deutschland! Viele Jahre später suchte ich nach allem, was ich online zum Thema englischer Pragmatik finden konnte, und steiß auf ein Skriptum von Prof. Mair. Nun, unsere Vortragende auf dem Fest war Anglistin aus Freiburg und er arbeitete dort, und spätestens als ich einen Verweis auf Tom Leonard fand, wußte ich, mit wem ich es zu tun hatte!
Jedenfalls: Das hier ist ein absolut zugängliches Buch, in deutscher Sprache geschrieben, das einen ersten komparativen Blick auf die Beziehung zwischen Deutsch und Englisch bietet. Jede:r, die oder der diese beiden Sprachen kann, sollte es lesen. Es macht Spaß!

Understanding English-German Contrasts, von Ekkehard König & Volker Gast
Das hier ist die komparative Sprachwissenschaft zu Deutsch und Englisch, aber in Hardcore. “Parsimonious in its use of complex technical jargon”, heißt es im Umschlagtext. Als ganz so leichte Kost habe ich die Lektüre nicht erlebt, der ich mit so gut wie keinem sprachwissenschaftlichen Hintergrundwissen dazu kam. Aber ich witterte hier das, was ich brauchen würde, um verstehen zu können, was ich in meinen Übersetzungen und beim Lektorat so tat, und: die Mühe lohnte sich wirklich. Jetzt wäre es an der Zeit, dass ich’s wieder lese …

Translation Quality Assessment, von Juliane House
Diese Buch ist ein Grundstein der Translationswissenschaft. Als Autodidakt in Sachen Übersetzen, noch etwas unsicher bezüglich einiger Manöver, die mir richtig vorkamen, war und bin ich insbesondere von Chapter 8, „Contrastive Pragmatics of English and German“, angetan. Welch Erleichterung zu erfahren, dass das, was ich da tat, richtig war und auch etwas war, worüber sich andere Leute Gedanken machten. Manche Beispiele in diesem Kapitel, wie die unterschiedlichen Konventionen bei Filmtiteln, werden Menschen, die beide Sprache fließend beherrschen, zum Schmunzeln bringen.

Writing in English: A Guide for Advanced Learners, by Dirk Siepmann, John D. Gallagher, Mike Hannay, and J. Lachlan Mackenzie
Für mich ist das hier quasi das Buch. Eigentlich ist hier alles zu finden, das typische deutschsprachige Naturwissenschafter:innen und Techniker:innen bräuchten, um eine reife und abgerundete Schreibkompetenz im Englischen zu erreichen. Zwar beginnt das Buch mit einem Teil, der mich nicht so unbedingt interessiert: Module I nimmt die allgemeinen Themen durch, die in jedem Kurs übers wissenschaftliche Schreiben behandelt werden. Alles schön und gut; aber Module II, „Building Effective Sentences“ lässt mein Herz höher schlagen. Es legt sich so richtig ins Zeug mit dem Repertoire an Satzbaumöglichkeiten, die man braucht, um wirklich gut schreiben zu können. Es gibt nur einen Haken: Das Buch ist eigentlich für Studierende sprachlicher Fächer gedacht und setzt dementsprechend viel Wissen über sprachwissenschaftliche Konzepte und Begriffe voraus. Aber: aus diesem Buch und dem, das ich gleich im nächsten Eintrag präsentiere, entwickle ich den Schreibkurs, den ich seit einigen Jahren unterrichte. Mehr mache ich da nicht, als die Ideen zu stehlen, um sie für Tech-Studierende zugänglich zu machen. Zumindest versuche ich das.

Style: Toward Clarity and Grace, von Joseph M. Williams (mit Gregory G. Colomb)
Eine Sache, für die Geoffrey Pullum bekannt ist, ist seine Kritik am populären amerikanischen Schreibratgeber „The Elements of Style“ von William Strunk, Jr. und E.B. White. Seine Kritik lautet, dass das Buch seinen Slogan „omit needless words“ – sinngemäß „lasse unnötige Wörter weg“ – nicht einlöst, weil es herzlich wenig zutreffende Ratschläge dafür gibt, wie man erkennen könnte, welche Wörter wirklich entbehrlich sind. Irgendwann fragte ich Prof. Pullum online, ob er ein Buch empfehlen könnte, das das besser tut, und er nannte dieses hier. Und es ist fantastisch. Ich verwerte nicht sehr viel davon in meinem Schreibkurs*, aber allein die ersten paar Kapitel sind eine gute Zusammenfassung von dem, was ich zu vermitteln versuche, und wenn eine:r diese Dinge lernt, dann ist sie/er schon auf dem besten Weg, ihr/sein Schreiben massiv zu verbessern.
*Naja, wenn jemand einen längeren Kurs möchte, könnten wir tiefer ins Buch eintauchen …

Writing Science, von Joshua Schimel
Die ist das einzige Buch, das meines Wissens naturwissenschaftliches Schreiben hauptsächlich aus der Perspektive des Narrativs in einem Paper (oder Forschungsantrag oder Dissertation, oder anderem Fachtext) behandelt. Ich habe jetzt nicht viele Details vom Inhalt in Erinnerung, aber ich habe es mal durchgelesen und habe alles für in Ordnung befunden. Der grundlegende Zugang zum Thema ist es, der mir am meisten gefällt. Ja, Forschungspaper werden (wie alle anderen technischen Texte) für Menschen geschrieben. Diese vage Annahme, dass es das kreative Schreiben hier gibt, und das trockene, sachliche technische Schreiben da drüben, und die zwei sich nie berühren, ist einfach nicht richtig. So was von nicht richtig. Und deswegen kommt mir so ein Buch wie dieses wie ein Schluck Wasser vor.

Zum Schluss ein kleines Statement über die notwendige Disziplin eines Autors: